„Jetzt ist die Zeit, heute wird getan oder auch vertan ...“ beginnt ein noch junges Kirchenlied. Es bezieht sich auf das Matthäus-Evangelium, in dem Jesus fragt, wie wir in verschiedenen Situationen agieren; wo wir als Mitmenschen, wo wir als Christen angefragt sind. Dabei geht es ausschließlich darum, was wir – was ich für diejenigen getan habe(n), die benachteiligt sind, die sich am Rand unserer Gesellschaft befinden.
Adolph Kolping hat diesen biblischen Gedanken mit seinen Worten 1853 so formuliert: „Man kann in jedem Stande und in jedem Orte sehr viel Gutes tun, wenn man nur Augen und Ohren auftun will und, was die Hauptsache ist, ein Herz dafür hat.“ Das Öffnen von Ohren und Herz für Not in der Nähe – wie auch immer diese aussehen mag – scheint nicht mehr selbstverständlich zu sein. Mir fällt derzeit in unserer Gesellschaft auf, dass Menschen sich mehr auf ihr eigenes Lebensumfeld beziehen und darauf schauen und ihre eigene Lebenswirklichkeit zum Maß der Dinge erheben. Die Vielzahl und Vielfalt der Lebensgeschichten, denen sie begegnen, scheinen sie zu überfordern.
Das Öffnen von Ohren und Herz für die Not in der Nähe ist auch schwierig und anstrengend, aber es ändert die Blickrichtung: ich schaue nicht mehr nur aus meiner eigenen Perspektive, sondern aus der meines Mitmenschen. Der Perspektivwechsel erweitert meinen eigenen Horizont und macht es mir leichter, – wie Jesus es formuliert hat – mich dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern zuzuwenden.
Text: Peter Vieten
Bild: U. Reindorf